Navigation

zurSuche

Finanzielle Bildung neu gedacht

JULIA KRUSLIN: Hallo, ich bin Julia. Gründerin von beatvest. beatvest ist eine Investment-App für Anfänger und Anfängerinnen. Ich selbst habe viele Jahre in der Strategieberatung gearbeitet und einen BWL-Hintergrund. Und trotzdem fiel es mir vor ungefähr fünf Jahren unglaublich schwer, meine ersten Schritte am Finanzmarkt zu tätigen. Ich habe einfach nicht gewusst, wo ich anfangen soll. Die ganzen Seiten und Plattformen, auf denen man sich informieren konnte, waren relativ überwältigend. Und es hat für mich wirklich einige Wochen bis Monate gedauert, bis ich selbstbewusst investieren konnte.

SOPHIE THURNER: Ja, hallo, und ich bin Sophie. Ich bin die andere Mitgründerin von beatvest. Und ich komme ursprünglich, wie schon gesagt, aus der Finanzbranche. Ich habe da eben lang für die Finanzaufsicht gearbeitet in Amerika und in England. Und was ich da gesehen habe, ist einfach, dass der Kapitalmarkt – wenn man denn die nötige finanzielle Bildung hat – einfach der beste Weg ist, um sich langfristig Vermögen aufzubauen. Und genau wie Julia schon erzählt hat, viele Freunde und Bekannte kamen dann auch immer zu mir und haben gefragt, Sophie, wie geht denn das eigentlich mit dem Investieren, wie fange ich denn eigentlich an? Und das war auch unter anderem ein Grund, warum wir dann vor drei Jahren beatvest gegründet haben und mit beatvest gestartet sind, um eben finanzielle Bildung voranzubringen.

Aber bevor wir jetzt weitergehen im Vortrag, muss ich euch was gestehen, denn ich bin süchtig. Ich bin süchtig nach diesem Vogel. Und 37 Millionen Menschen sind auch süchtig nach diesem Vogel, denn sie sehen ihn jeden Tag. Und meine Frage an euch jetzt mal, wer kennt denn diesen Vogel? Vielleicht mal ganz kurz Hände hoch. Okay, also, ich würde sagen, das ist so über ein Drittel des Publikums. Aber vielleicht für alle die, die ihn noch nicht kennen: Das ist Duo von Duolingo. Und Duolingo ist die weltbeste Sprachlern-App, wahrscheinlich die beste Lern-App, die es gibt. Und unser Vortrag geht eben heute darum, was können wir denn lernen und was haben wir bei beatvest gelernt, wie man dann finanzielle Bildung durch Lernen im Duolino-Style noch besser machen kann.

JULIA KRUSLIN: „Una cerveza, por favor“, das hat wahrscheinlich jeder schon mal im Urlaub gehört oder sogar selbst verwendet und sich danach dann gedacht, so ja, ich bin so ein Lokal, meil Spanisch ist richtig top notch. Wenn man dann aber sich denkt, achja, die Spanisch-Skills, die sind schon so gut, jetzt will ich nochmal ein bisschen verbessern und auf dieses Level bringen, dann merkt man relativ schnell, da ist doch sehr viel Arbeit, die dahintersteckt, die man reinstecken muss, sehr viel Zeit, die man aufwenden muss, um wirklich richtig gut Spanisch zu lernen. Und für die meisten Menschen fühlt sich das dann einfach an wie ein riesen großer Berg, den sie da erklimmen müssen und überwinden müssen. Und deswegen fangen die gar nicht erst damit an, Spanisch zu lernen oder eine Sprache zu lernen. In der Vergangenheit hat man das dann mit Sprachlehrern, mit Kursen, mit Büchern gemacht. Und ganz viele Leute haben da auch immer wieder aufgegeben. Dann kam Duo. Und Duo und Duolingo, die haben sehr viel richtig gemacht. Die haben es ganz einfach gemacht, eine Sprache zu lernen, in den Alltag rein integriert. Und es macht so vielen Leuten so viel Spaß, dass 80 Millionen Menschen Duolingo nutzen.

Und wenn man sich das jetzt mal am Finanzmarkt anschaut, so ein thesaurierender MSCI World mit 0,2 Prozent TER, es klingt nicht nur wie Spanisch, sondern für ganz viele Menschen eher wie Chinesisch. Und so geht es den meisten Anfängern. Und ich sehe hier, ich habe tatsächlich jetzt auch schon jemanden so nicken gesehen. Weil, was wir immer hören aus der Finanzbranche, ist, dass ein ETF ja eigentlich das aller einfachste Investmentprodukt ist, in das man überhaupt investieren kann. Und dass es ja so einfach ist, da den ersten Schritt zu machen. Und deswegen sehen wir einfach, dass Finanzbildung, die von Finanz-Playern erstellt wird, sehr oft so aussieht. Und das führt dazu, dass sich wiederum ganz viele Menschen wie vor zehn Jahren mit einer Sprache am Finanzmarkt sehr abgeschreckt fühlen. Und überhaupt gar nicht damit anfangen wollen, es immer wieder rauszögern. Und das führt dazu, dass in Deutschland eben über 80 Prozent der Leute auf einem Anfängerniveau sind, wenn es um Finanzen geht, überhaupt nicht wissen, wie sie den ersten Schritt tätigen sollen. Auch in Österreich wissen 8 Prozent der Österreicher, was ein ETF überhaupt ist.

Also, wir sind da auf einem sehr geringen Level. Es muss sich also was ändern. Und wir schauen uns jetzt mal an, was wir von Duolingo lernen können für die Finanzwelt. Wie können wir es einfacher machen und vielleicht auch so aufbauen, dass es den Leuten wirklich Spaß macht? So, das allererste und das allerwichtigste ist Struktur. Wenn man sich anschaut, wie sehr viele Player am Markt Finanzbildung machen, dann sind es sehr oft Blog-Beiträge, Podcasts oder sogar PDF-Artikel. Und da ist eben die Erwartung an die Leute, dass sie sich selbst überlegen, ja, jetzt google ich mal, was ist ein MSCI World. Der Lukas sitzt also am Dienstag am Abend am Sofa und denkt sich, was ist ein MSCI World. Am Mittwoch denkt er sich dann, aber heute bin ich wirklich interessiert daran, was heißt denn thesaurierend. Und am Tag danach dann googelt er die TER. Ja, so denken Menschen aber nicht. Die Competition, die da draußen ist, das ist Netflix. Und der Lukas, der denkt sich gar nicht am Mittwoch, was denn ein thesaurierender ETF ist. Und dieses Konzept hat Duolingo auch erkannt. Die haben gesagt, okay, wir machen jetzt einfach eine Struktur, wo wir den Leuten zeigen, was sie eigentlich lernen sollten. Das heißt, die einzige Entscheidung, die man treffen muss, ist, ich öffne heute diese App. Der Lukas denkt sich nicht, ich lerne heute, was ein brauner Gürtel ist auf Spanisch, sondern der denkt sich, heute öffne ich die Duolingo-App. Und genauso haben wir das auch bei beatvest umgesetzt. Wir haben einen Schritt für Schritt Kurs gemacht, der dich wirklich vom absoluten Anfänger, wenn es ums Thema Investieren geht, bis hin zum selbstbewussten Investor oder Investorin führt. Und wir zeigen dir, was der richtige nächste Schritt ist, den du lernen musst auf deine Reise zum selbstbewussten Investieren.

SOPHIE THURNER: Genau, und der zweite Punkt, auf den wir uns fokussiert haben, das haben wir auch von der Duolingo-App genommen, dass es interaktiv sein muss. Denn wenn wir uns jetzt mal anschauen, was ist denn das Ziel, wenn man etwas lernt: Was ist denn das Ziel, eine neue Sprache zu lernen? Es ist ja nicht das Ziel, für immer zu lernen, sondern irgendwann will man die Sprache auch sprechen können. Und irgendwann hier beim Investieren will man ja eigentlich auch Vermögen aufbauen. Und deswegen haben wir einen drei Stufen Prozess. Der ist immer aus lernen, testen und dann anwenden. Und wenn man sich vielleicht noch an die Schule erinnert, da haben wir zum Beispiel gelernt eine Vokabel, im besten Fall oder im schlimmsten Fall kam dann der Vokabeltest und es wurde getestet. Aber wenn wir die Vokabel nicht irgendwann mal angewandt haben und das Wort gesprochen haben, dann haben wir es in den meisten Fällen wieder vergessen. Und so ist es auch beim Lernen. Und deswegen war es uns so wichtig, eben diesen Approach von lernen, testen, anwenden immer in der ganzen App rein zu entwickeln. Und das hat eben auch Duolingo gemacht. Und wie ihr hier sehen könnt, also man lernt zum Beispiel „übersetze das ganze“, dann „was hörst du“, da wird so ein bisschen getestet und dann muss man selber nochmal was übersetzen oder was einsprechen. Also dann wendet man das ganze an. Und was Duolingo auch gemacht hat, und das ist sehr wichtig, die haben es nicht nur interaktiv gemacht, sondern die haben es auch in einfacher Sprache gemacht. Und das Konzept haben wir uns eben auch zu Herzen genommen, denn sobald irgendwas verwirrend ist oder sobald wir alle ein Wort nicht verstehen, sind wir viel mehr dazu geneigt, dass wir abbrechen und einfach nicht mehr weitermachen in dem Prozess. Und deswegen muss die Sprache echt einfach sein.

Und den letzten Punkt, den Duolingo auch gemacht hat, den wir bei unser interaktiven Sache angewandt haben, ist, dass es „on the go“ sein muss. Weil ich meine, wer von euch schleppt beispielsweise ein Vokabelheft und ein Testbuch mit sich rum? Das ist einfach nicht mehr praktisch. Und am besten geht es natürlich an dem Ding, an dem wir jeden Tag mehrere Stunden kleben. Und das sind einfach unsere Handys. Und deswegen eignen sich Apps da halt unglaublich gut. Und wie haben wir das bei beatvest beispielsweise umgesetzt? Wir haben das in dreiminütigen Modulen umgesetzt, weil die Aufmerksamkeitsspanne durch Instagram, durch TikTok ist ja einfach nicht mehr so, dass man sich mal zum Spaß zwölf Minuten anschaut, sondern es muss kurz und knapp und knackig sein. Und deswegen haben wir hier diesen Lern-Approach, also unsere Module kann man im Audio-, Video-, Text-Format lernen. Dann wird das Wissen getestet mit Quizzen. Und zum Schluss wird es auch noch angewandt. Also wenn man hier zum Beispiel lernt, was ist ein ETF, dann kommt eine Frage zum ETF und zum Schluss machst du dein erstes Investment in einem ETF, weil du wendest das nämlich auch an alles in der App.

JULIA KRUSLIN: Motivation durch Herausforderungen. Wenn wir uns anschauen, was das Feature war, das Duolingo so zu einem riesen großen, immensen Erfolg gemacht hat, dann ist es wohl das Streak-Feature. Ein Streak ist quasi, zeigt dir quasi an, wie viele Tage in Folge du die App verwendet hast, um Spanisch oder was auch immer welche Sprache zu lernen. Bei Duolingo gibt es 3 Millionen Menschen, die die App über ein ganzes Jahr lang jeden Tag geöffnet haben und Spanisch gelernt haben. Und nur dieser psychologische Effekt, dass dir Duolingo sagt, an welchem Tag in deinem Streak du bist, bringt dich dazu, dass du einfach immer weiter machst. Man muss es also spielerisch aufbauen und den Menschen eine gute Challenge geben. Wir haben bei beatvest das erkannt, dass das wichtig ist und wir haben eine 10-Days-Challenge eingeführt. Das heißt, wir fordern die Leute dazu heraus, dass sie innerhalb von zehn Tagen vom absoluten Newbie zum selbstbewussten Investor oder Investorin werden.

SOPHIE THURNER: Genau, und das ist jetzt auch, bringt mich so ein bisschen zu unserem letzten Konzept, das wir euch heute mitgebracht haben. Und das Konzept heißt don't copy, steal. Für was steht das jetzt einfach? Das soll einfach Zeit, dass man jetzt nicht einfach irgendwas eins zu eins kopieren soll, sondern dass man gezielt Konzepte nehmen muss und dann auf sich anwenden. Das heißt beispielsweise, ihr müsst wissen, wer ist denn euer Zielmarkt, wie kann ich ein Duolingo-Konzept, so wie es wir gemacht haben, auf diese Zielgruppe dann anwenden und nicht eins zu eins kopieren. Also in dem Beispiel, das Julia jetzt gerade gesagt hat, mit der Streak-Challenge, also warum haben wir die Challenge dann nicht eins zu eins kopiert und für immer so wie Duolingo für über ein Jahr gemacht? Weil bei uns ist ja das Ziel, dass die Anfänger und Anfängerinnen mit dem ersten Investment starten. Und dann fühlen sie sich er selbstbewusst, also ins Doing kommen. Und deswegen haben wir das umgewandelt zu einer 10-Days-Challange. Und vielleicht das zweite Beispiel, das wir da haben, ist Spaß. Also, wir haben uns ja sehr orientiert an Lern-Apps und Sachen, die Spaß machen, weil Finanzen lernen, ist ja oft ein sehr trockenes Thema. Aber man muss da richtig die Balance finden zwischen Spaß und Seriosität. Deswegen konnten wir es nicht eins zu eins kopieren, sondern wir mussten seriös bleiben und wollten eben auch das Vertrauen schaffen. Das ist vielleicht noch so ein zweites Beispiel.

Also, ich hoffe, wir konnten euch heute so einen kleinen Einblick geben, wie man auch mal außerhalb vom Finanzsektor finanzielle Bildung neu denken kann. Und vielleicht machen wir ja ganz Deutschland süchtig nach finanzieller Bildung. Vielen Dank.